Kundgebung „4 Jahre Kommunist*innen-Prozess“ in München

Für heute mobilisierten wir zusammen mit der Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa (ATIK) vor das Oberlandesgericht München. Heute vor vier Jahren begann an diesem Gericht der Prozess gegen 10 Menschen, denen die Mitgliedschaft in der türkischen kommunistischen Partei TKP/ML vorgeworfen wird. Unserem Aufruf folgten, trotz schlechten Wetter, etwa 150 Menschen, um ihre Solidarität mit den Genoss*innen vor Gericht zu zeigen. Unsere Kundgebung reite sich dabei in einen europaweitem Aktionstag ein. Zeitgleich fanden Proteste in Hamburg, Hannover, Mannheim, Duisburg, Berlin, Wien, Den Haag, Zürich und Straßburg statt. Doch was war passiert?

Februar 2015: In Deutschland, Griechenland, der Schweiz und Frankreich werden 10 Menschen verhaftet. Ihnen wir vorgeworfen, Mitglieder der türkischen kommunistischen Partei TKP/ML zu sein. Am 17. Juni 2016 begann ein zehrend langer Prozess vor dem Oberlandesgericht München und heute, 4 Jahre später, befindet sich einer der 10 immer noch in Haft und der Prozess geht weiter.

Die TKP/ML ist in der Türkei verboten. In Deutschland und dem Rest der Welt nicht. Trotzdem wird das Verfahren gegen die Angeklagten unter dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer „ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach §129b des Strafgesetzbuches geführt. Keinem der Angeklagten wird dabei vorgeworfen, in Deutschland Straftaten begangen zu haben.

Der 4 Jahre dauernde Prozess ist dabei von einem politischem Verfolgungswillen geprägt. Dies zeigt sich nicht nur an der jahrelangen Untersuchungshaft der Angeklagten, von denen die Angeklagten Monate unter Isolationsbedingungen verbrachten. Fehlerhafte Übersetzungen wichtiger Dokumente wurden vom Gericht ignoriert. Vertrauliche Post der Angeklagten zur Übersetzungen in die Türkei, und damit in Reichweite des Türkischen Geheimdienstes, geschickt. „Beweise“, die der Türkische Geheimdienst offensichtlich illegal in Deutschland beschafft hatte, wurden vom Gericht kommentarlos zugelassen. Damit, dass mehrere der Angeklagten schon in der Türkei inhaftiert und teilweise über Jahre systematisch gefoltert wurden, wollte sich das Gericht ebenfalls nicht beschäftigen.

Dass hier die politische Gesinnung auf der Anklagebank sitzt, zeigt außerdem der Vergleich zum ebenfalls in München verhandelten NSU Prozess. Während Müslüm Elma bereits seit über 5 Jahren in Untersuchungshaft sitzt, wurde etwa Andre Eminger, der dem NSU Trio half 10 Menschen umzubringen, zu lediglich 2 Jahren 6 Monaten Haft verurteilt.

Der wohl größte Kommunist*innenprozess seit Jahren reiht sich ein in eine verschärfte Verfolgung politischer Oppositioneller aus der Türkei in Deutschland. Auch wenn dieser Prozess der größte ist, gab es in den letzten Jahren viele weitere gegen türkische und kurdische Linke mit teils langen Haftstrafen. Fahnen und Symbole von Widerstandsbewegungen werden auf Druck der Türkei verboten. So gab es allein in München hunderte Verfahren, weil Menschen die Flaggen der syrisch-kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ gezeigt haben. Die Münchner Justiz geht sogar so weit, dass sie das bloße zeigen eines Bildes von Abdullah Öcalan, dem Gründer der PKK, unter Strafe stellt.

Dass es nicht so sein muss zeigt unter anderem ein Urteil des belgischen Kassationshofes, nach dem die PKK keine Terrororganisation ist, sondern eine Bürgerkriegspartei. Die PKK greife nicht gezielt Zivilisten an, sondern militärische Ziele und hat auch die Genfer Konvention unterzeichnet so die Begründung.

Der Grund dafür, dass die Bundesregierung türkische und kurdische Oppositionelle verfolgt ist in den wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen des deutschen Kapitals zu suchen. Die Türkei ist schon seit Zeiten des Kaiserreichs wichtiger Handelspartner Deutschlands und sichert die Interessen des deutschen Imperialismus im gesamten Nahen Osten ab.

Solange in unserer Gesellschaft Profit das oberste Ziel ist, wird daher auch die Verfolgung von Aktivist*innen hier weitergehen – egal wie viele völkerrechtswidrige Angriffskriege es führt oder wie viele türkische und kurdische Aktivist*innen inhaftiert, gefoltert und ermordet werden.

Doch nicht nur die Herrschenden verbünden sich. Es ist unsere Verantwortung, unsere türkischen und kurdischen Kolleg*innen, Nachbar*innen und Genoss*innen nicht allein zu lassen. Müslüm Elma hat zum Prozessauftakt gesagt: „Dieser Prozess wird nicht im Gerichtssaal, sondern auf der Straße entschieden.“ Lasst uns auf die Worte dieses Mannes hören, der 25 Jahre seines Lebens inhaftiert und gefoltert wurde und doch noch aufrecht an unserer Seite steht!

Trotz der unzähligen Skandale rund um den Prozess hält die Bundesstaatsanwaltschaft weiterhin an der Anklage fest. Sie fordern für unsere Genoss*innen mehrjährige Haftstrafen. Müslüm Elmar soll als Hauptangeklagter nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für insgesamt 6 Jahren und 9 Monaten hinter Gitter. Für den Tag X der Urteilsverkündung rufen wir deshalb wieder zu Protesten auf. Dieses wird aller Wahrscheinlichkeit schon im Juli verkündet werden, Achtet deshalb auf Ankündigungen!

Zeigt eure Solidarität!

Wir fordern:

Sofortige Freilassung von Müslüm Elma

Ende der Kriminalisierung türkischer und kurdischer Aktivist*innen

Ende der Waffenbrüderschaft Deutschlands mit dem AKP-Regime!

#BoyunEğilmez #unbeugsam #ATIKYalnizDegildir #wegmit129b