„Gegen Sozialabbau! Für den Schutz von Arbeitnehmer*innenrechten! Gegen rechte Hetze und Verschwörungstheorien! Für eine solidarische Gesellschaft!“
Mit diesen Losungen luden wir für Freitag Abend zu einer Kundgebung am Rotkreuzplatz ein. Als Linke begreifen wir es als unsere Aufgabe unsere Standpunkte breit sichtbar zu machen und gerade in Zeiten der Krise in die Offensive zu kommen. An die hundert Menschen folgten unserem Aufruf gegen das an Profiten ausgerichtete System zu protestieren. Unter dem Slogan „Nicht auf unserem Rücken“ forderten wir, dass die Krisenfolgen nicht auf diejenigen Teilen der Gesellschaft abgewälzt werden sollen, deren Lebensrealität sowieso schon prekär ist. Wir setzten ein gemeinsames Zeichen, dass wir das weitere Vorantreiben des Sozialabbaus unter dem Deckmantel der Krise und die massiven Angriffe auf ArbeitnehmerInnenrechte nicht still hinnehmen werden.
Trotz der Auflage, dass sich nur 50 Personen auf einem abgesperrten Bereich zusammen finden dürfen, schlossen sich immer mehr Menschen über die Absperrung hinaus der Kundgebung mit Fahnen und Schildern an. Diese Kundgebung hat gezeigt von wem sich dieser Staat wirklich gefährdet sieht. Erlaubt er doch 1000 Rechte und Verschwörungstheoretiker auf der Teresienwiese und stellt drei Cops für eine Kundgebung auf der Münchner Freiheit, die nicht aus dem linken Spektrum gestellt wird. Unsere KundgebungsteilnehmerInnen wurden von einer Einheit Bereitschaftpolizisten in Empfang genommen, die penibel auf die Einhaltung der 50-TeilnehmerInnen-Grenze achtete. Die Cops stellten sich um die Kundgebung auf und ließen niemanden auf die Fläche, auch nicht wenn Menschen die Kundgebung verließen.
Den Druck der Gegenmacht gilt es in der kommenden Zeit zu erhöhen. Wir müssen uns dagegen wehren, dass unsere Rechte angegriffen werden. Gegen das System der Ausbeutung und Unterdrückung müssen wir Widerstand organisieren. Die Aktionen der vergangenen Wochen und die Kundgebung am Freitag waren ein erster Schritt. Weitere werden folgen.
Als großen Mehrwert der Kundgebung sehen wir das breite Spektrum der TeilnehmerInnen und der RednerInnen aus verschiedenen Bevölkerungs- und Berufsgruppen, die uns von ihrer Situation und ihren Kämpfen zu berichten. Ein Kollege der Betriebsgruppe Dachau, die schon seit Jahren einen Arbeitskampf in der Privatklinik der Helios-Gruppe führt, stellte eindrücklich die Situation der Pflegeberufe während des Höhenpunktes der Corona-Pandemie dar. Mangelnde oder falsche Schutzkleidung gehörten zum Alltag. Die Ausweitung der Arbeitszeit auf 12 Stunden ist nach wie vor nicht zurück genommen worden. Er erzählte von einem solidarischen Banner-Drop an der Klinik, dass von den Beschäftigten begeistert aufgenommen wurde.
Ein Aktivist von Refugee Struggle For Freedom berichtete uns von der Lebenssituation Geflüchteter in den Lagern und Auffangzentren in Bayern. Trotz positiv getesteter BewohnerInnen werden die Menschen nicht getrennt voneinander untergebracht. Mangelnde Hygiene-Möglichkeiten tun ihr übriges. Die Lager wurden von der Außenwelt abgeriegelt. Jeglicher Protest wird durch brutale Repression versucht in Schach zu halten.
Durch den Lockdown ist auch die Sicherheit von Frauen* massiv gefährdet, da sie der häuslichen Gewalt noch schwieriger entkommen können als sonst schon. „Die Corona-Pandemie führt uns ganz deutlich das patriarchale System vor Augen, in dem wir leben“, so eine Vertreterin des Offenen Frauen*treffens. Weiter berichtet sie zu Situation von Frauen*: „75% der Berufstätigen in gesellschaftlich unverzichtbaren Bereichen sind Frauen*. Dafür werden wir immer noch unterdurchschnittlich bezahlt. Nun in der Krise spitzt sich auch die Mehrfachbelastung enorm zu. 80% der Hausarbeit, Kindererziehung und familiärer Pflegearbeit wird unbezahlt neben der Berufstätigkeit von uns Frauen* geleistet. Die Reproduktionsarbeit wird in der Krise einmal mehr auf uns Frauen* abgewälzt“
Eine ver.di-Kollegin, die ein Kindertheater betreibt, machte deutlich, dass in diesem System die Interessen von großen Konzernen vor die der Menschen gestellt werden. So wurden zu Anfang des Lockdowns als allererstes alle Freizeit- und Kultureinrichtungen geschlossen, Industriekonzerne, in deren Hallen tausende MitarbeiterInnen an den Bändern stehen, blieb das weitere Vorgehen selbst überlassen. Nach den „Lockerungen“ soll in einem Theater pro Mensch ein Radios von 10qm eingeplant werden, in Flugzeugen 0,5qm. Für die großen Firmen werden milliardenschwere Rettungsschirme geschnürt, die Kleingewerbetreibenden melden gerade reihenweise Insolvenz an, ohne jegliche Existenzperspektive.
Dass im Widerstand gegen die Angriffe auf unsere Rechte und Existenzen ein Schulterschluss mit Rechtpopulisten und Nazis nicht der richtige Weg sein kann, stellte ein Aktivist des Antifa Stammtischs klar. Die Antwort auf gesellschaftliche Unzufriedenheit und Ängste können keine plumpen Parolen sein. Die Gesellschaft funktioniert viel komplexer und vielschichtiger, als dass sie mit einfachen Mustern erklärt werden kann. Der Sündenbock-Ideologie aus Antisemitismus und hetzerischem Rassismus, die allem Nicht-Arischen die Schuld an den Zuständen zuschiebt, gilt es entschieden entgegen zu treten.
„Die Pläne für die Abfuckprämie sind ein riesiges “Fuck You” ins Gesicht von uns allen“ eröffnete ein Aktivist des Antikapitalistische Klimatreffens seine Rede. Weil wir seine Rede so eindrücklich fanden werden wir an dieser Stelle einen Auszug daraus zitieren: „Allen wird gesagt: Es ist leider kein Geld da. Aber die Abwrackprämie zeigt einmal mehr: Das ist eine Lüge. Es ist genug Geld da, um BMW zu beschenken, die erst letzten Monat 1,6 Milliarden Euro Dividende an ihre Aktionäre ausgeschüttet haben. Es ist genug Geld da, um VW zu beschenken, die wahrscheinlich über drei Milliarden Euro Dividende ausschütten – trotz Abgasskandal. Es ist genug Geld da, um es den großen Kapitalisten und Investoren hinterher zuwerfen. Und das auch noch auf eine Art, die aktiv die Klimakatastrophe befeuert. Geld, um zu verschrotten was noch fährt und zu verkaufen, was keiner braucht.“
Als letzte Gruppe sprach auf unserer Kundgebung der Rote Jugendaufbau. Der Sprecher knüpfte an seinen Vorredner an und zeigte eine Perspektive auf, die nicht bedeutet, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Er schließt mit den Worten „Denn das Ziel ist die Zukunft. Die Zukunft gilt es zu erkämpfen. Und zwar eine Zukunft in der wir als Klasse über gesellschaftlich existierenden Reichtum mitentscheiden können. Eine Zukunft in der Vielen gehört, was sonst Wenigen zufällt.“