Zukunft erkämpfen – Unsere Solidarität gegen ihre Krise!

Unter diesem Motto hat sich in München im Zuge der „Corona-Krise“ eine neues Offenes Treffen gegründet. Hier Aktive wollen Solidaritätsstrukturen aufbauen, nach Möglichkeiten der politischen Betätigung suchen und auch über die Pandemie hinaus die Krisenhaftigkeit des kapitalistischen Systems aufzeigen. 

System der Krisen

Die Krise hat sich schon vor Corona ihren Weg gebahnt. Die Anzeichen, dass der Kapitalismus auf die nächste Wirtschafts-Krise zusteuerte waren, überall wahrnehmbar.

In den vergangenen Monaten häuften sich Nachrichten von Massen-Entlassungen und die Zuspitzung der Arbeitsverhältnisse in der Großindustrie, in Krankenhäusern und im Einzelhandel. Auch auf politischer Ebene konnten Verschärfungen beobachtet werden, die dazu dienen das System „krisenfest“ zu machen. Ein Beispiel hierfür ist die Einführung der neuen Polizeiaufgabengesetze, viele der darin enthaltenen Maßnahmen können als Aufstandsbekämpfung gelesen werden. Darunter fallen zum Beispiel die Einstufung unbequemer Menschen als sogenannte Gefährder*innen, sodass diese wochenlang ohne Gerichtsbeschluss eingesperrt werden können. Der Ausbruch der Infektionskrankheit hat den Crash vorgezogen und die Zustände verschärft. Die Pandemie trifft auf einen kaputt gesparten, privatisierten Gesundheitssektor, abgebaute Sozialsysteme, prekäre Beschäftigungsverhältnisse und eine über-individualisierte, auf Konkurrenz ausgerichtete Gesellschaft. Der über Jahrzehnte von den Herrschenden gefahrenen Kurs der Verwertungslogik, der Gewinnmaximierung, der Konkurrenz – der dem Menschen jeden humanen Eigenwert abspricht entlädt sich nun in der Perversität mit der mit der Ausbreitung des Corona-Virus umgegangen wird. 

Die Herrschenden

Dass bei den Herrschenden keinesfalls die Gesundheit der Menschen an erster Stelle steht, wird deutlich an den eingeleiteten und nicht eingeleiteten Maßnahmen: Als erstes wurde die Schließung aller Freizeit-Einrichtungen bekanntgegeben. Die Werktätigen werden indes weiterhin in öffentlichen Verkehrsmitteln an ihre Arbeitsplätze geschickt. Für das System produktiv bleiben, ist hier die Devise! Dafür sollen die Menschen ganz individuell im privaten Bereich dafür Sorge tragen das Virus nicht weiter zu vebreiten. Man möge sich unter dem Hashtag „flattenthecurve“ bitte voneinander fern halten, um das marode Gesundheitssystem zu schonen. Einige Bundesländer rufen den Katastrophenfall aus ohne deutlich zu machen was sich hinter diesem Begriff eigentlich verbirgt, zum Beispiel die Zentralisierung von Entscheidungen ohne Kontrollinstanzen, der Einsatz der Bundeswehr im Inneren und die Möglichkeit Grundrechte der Menschen massiv einzuschränken. Gleichzeitig machen die kapitalistischen Zentren ihre Grenzen dicht und zeigen einmal mehr deutlich, dass Menschenleben schützen und Solidarität im Kapitalismus immer nur leere Floskeln bleiben werden. Denn die Situation der Geflüchteten an den Europäischen Außengrenzen spitzt sich zu. Die mediale Öffentlichkeit diskutiert stattdessen über die Probleme für die Wirtschaft und von der politischen Verwaltung des Kapitalismus werden massive Rettungsschirme für die Besitzenden bereitgestellt und weitere angekündigt. Von sozialen Paketen für die Lohnabhängigen und Unterdrückten dieser Gesellschaft spricht niemand.  

Pandemie der Armen

Die „Corona-Krise“ wird auf dem Rücken der Lohnabhängigen und Unterdrückten ausgetragen. Leiharbeiter*innen, Prekärbeschäftigte, Scheinselbstständige, Schwarzarbeitende, etc. – für sie wird die Wirtschaftskrise existenzbedrohend. Die Schul- und Kitaschließungen bringen vor allem Alleinerziehende (fast 90% Frauen*) in eine schwierige Lage, da sie zusätzlich zu ihrer überlebensnotwenigen Arbeit nun auch noch Betreuung für die Kinder stellen müssen. Aber auch alle anderen Frauen* sind durch die Schul- und Kita-Schließungen überdurchschnittlich betroffen, da sie in unserer patriachal strukturierten Welt immer noch in den meisten Familien für die Kinder zuständig sind. Aus Regionen mit Ausgangssperren kommen Meldungen über die Zunahme von häuslicher Gewalt (auch diese betrifft in ca. 80% der Fälle Frauen*), Hilfsangebote und Plätze in Frauen*häuser fehlen an allen Ecken und Enden. Geflüchtete Menschen gehören durch fluchtbedingte Vorerkrankungen oft zur Risikogruppe und die beengten, unhygienischen und schlecht versorgten Lebensbedingungen in den Unterkünften, werden für diese gesellschaftlich Marginalisierten nun lebensbedrohlich. Dies gilt auch für Obdachlose. Was das social distancing“ noch bedeutetet: noch prekärere Situationen für Alleinstehende, Menschen mit psychischen Erkrankungen und Alte. Und schlussendlich werden die Auswirkungen der nach sich ziehenden Wirtschafts-Krise auf eben jene prekäre Teile der Gesellschaft abgewälzt werden

Widersetzen

Was wir derzeit gesellschaftlich beobachten können, ist ein Einreihen in die Nationale Einheitsfront unter dem Slogan „Wir schaffen das“. Die Angst vor dem Virus bringt die Menschen dazu, sich in vollem Gehorsam den Maßnahmen der Herrschenden auszusetzen. Sicher, die Situation ist ernst, das gesundheitliche Risiko real. Auch wir werden in Zukunft Wege und Möglichkeiten finden müssen, die Ansteckungsgefahr möglichst zu minimieren. 
Dies tun wir jedoch nicht, in dem wir uns opportunistisch zu dieser Politik verhalten, sondern in dem wir uns weiterhin organisieren und gegen dieses System ankämpfen. Denn wer versichert uns, dass nach einem Abflachen der Infektionsrate die Maßnahmen wieder gelockert, geschweige denn aufgehoben werden und die Folgen dieser Krise nicht mit voller Wucht auf uns abgewälzt werden. Gegen die Angriffe auf unsere Freiheitsrechte und den Zustand der Vereinzelung gilt es anzukämpfen. Das heißt, dass wir daran arbeiten müssen, eine weitere Organisierung zu garantieren und den Kampf gegen dieses System auf möglichst breite Füße zustellen. Ein Fokus wird in den kommenden Wochen auf dem Aufbau einer Solidaritäts-Struktur für Risikogruppe und Kranke liegen. Aber auch politische und soziale Aktivitäten werden Teil unserer Arbeit sein.