Vergangene Woche wurden die Tarifverhandlungen im Tarifvertrag der Länder abgeschlossen. Zeit für einen Rückblick auf den Arbeitskampf, unsere Aktivitäten und eine Einschätzung zum Tarifabschluss:
Wir waren bei den Warnstreiks in München dabei und haben die Kolleg:innen begleitet und unterstützt. Ver.di hat an den verschiedenen Standorten der zwei Uni-Kliniken in München an insgesamt vier Tagen zu Warnstreiks aufgerufen. Wir haben solidarisch die Streikposten mit Kaffee unterstützt und so mehr über die Forderungen und Motivationen der Streikenden erfahren. Bei den Demonstrationen und Kundgebungen waren wir auch vor Ort und haben unsere Positionen unter die Kolleg:innen gebracht.
Auf der großen Streikkundgebung am Odeonsplatz gab es viele Redner:innen aus der Belegschaft, die deutlich gemacht haben was für Auswirkungen es im Gesundheitswesen hat, wenn jahrelang auf dem Rücken der Beschäftigten versucht wird Profit zu machen: Es herrscht Personalmangel, Stationen müssen schließen, da es keine Mitarbeiter:innen gibt, die die noch da sind stehen kurz vor dem Burn–out, und und und.
Das Ergebnis der Tarifverhandlungen wird aber an dem aktuellen Trend zum #pflexit nichts ändern. Eine Corona-Prämie von 1300€ und eine Lohnsteigerung um 2,8% ab Dezember 2022(!) ist nicht die Wertschätzung, die sich die Kolleg:innen erhofft hatten. Dass in den Kliniken einige Zuschläge ab 1.1.22 erhöht werden, von denen aber nicht alle profitieren, macht es für viele bei weitem nicht zum Erfolg. Viel eher herrscht Enttäuschung, Resignation und teilweise Wut unter den Kolleg:innen.
Das Ergbenis ist für die Pflegekräfte umso enttäuschender, da gerade sie es waren, die in dieser Tarifrunde an vielen Orten tatsächlich so stark gestreikt haben wie noch nie. Und gerade in dem Moment, in dem die Kolleg:innen ein Gefühl von kollektiver Stärke, Zusammenhalt und Hoffnung entwickelt haben ist das Resultat ein schwerer Schlag.
Wir können die Enttäuschung nachvollziehen. Die Ver.di-Verhandlungsführung hat sich auf einen Kuhhandel eingelassen, angesichts der Corona-Lage und der Drohkulisse der Arbeitgeber:innenseite an die Arbeitsvorgänge ran zu wollen. Den Arbeitsvorgang als Grundlage der Eingruppierung verteidigt zu haben ist aber nicht der große Erfolg, als der er verkauft werden soll. Die Kolleg:innen benötigen eine Offensive und nicht weiterhin Abwehrkämpfe. Die Entlastungsbewegung, die in Berlin angefangen hat kann hier ein erster Schritt sein.
Die Organisierung der Pfleger:innen muss stärker werden, allein schon um der Verhandlungsführung ihrerseits mehr Druck machen zu können und um eine größere Kampfkraft für kleine Verbesserungen zu entwickeln. Doch uns muss dabei klar sein, dass es in diesem profitorientierten System keine gute Pflege geben kann. Um wirklich ein Gesundheitswesen zu erreichen, in dem die Pflegekräfte nicht nur als Kostenfaktoren wahrgenommen werden, in dem nicht der Profit an erster Stelle steht, sondern die Bedürfnisse der Patient:innen und Pflegekräfte das einzig relevante Kriterium sind, müssen wir uns zusammenschließen und für die klassenlose Gesellschaft kämpfen. Um dies zu erreichen müssen wir unsere Kämpfe – egal ob im Gesundheitswesen, in Betrieben, oder auf der Straße – verbinden und uns über die Branchen hinweg solidarisch unterstützen.